Die Hausnummern in der Stadt Rodenberg

Über die Entstehung der heutigen Hausnummern in Grove hatte ich bereits berichtet.

Die Stadt Rodenberg bekam zum gleichen Zeitpunkt wie Grove die heutigen Hausnummer, doch deren Vorläufer, also die alten Hausnummern,  wurden nicht nach Besiedlungszeitpunkt oder Steuerkraft, sondern planmäßig verteilt.

Kurz zur Entstehung  der Stadt: Nicht wenig deutsche Städte und stadtähnliche Gemeindewesen, besonders solche, die im 11. und 12. Jahrhundert ihren Ursprung haben, verdanken ihre Entstehung einer Ansiedlung neben einem gräflichen Burgsitz. So auch Rodenberg.

Als nämlich die Vorfahren der Schaumburger Grafen noch auf der
Rodenberger Burg saßen, siedelten sich mehrere ihrer adeligen Vasallen mit Hausleuten und Gesinde vor der Burg Rodenberg an, indem sie am Fahrdamm des Bohlwegs (heute Lange Straße, vorher Vorderstraße) ihre kleinen Ackerhöfe erbauten und von diesen aus die ihnen von den Grafen als Erblehen übertragenen Ländereien bewirtschafteten.

Mit der Ansiedlung der Vasallen wurden Handwerker, Handels- und Ackerleute herangezogen, welche sich ebenfalls am Fahrdamm an ansiedelten und so wurde der Damm auf beiden Seiten allmählich bebaut und es entstand damit eine förmliche Straße, welche den  Namen Lange Straße erhielt. Als dann mit den Jahren weiterer Zuzug erfolgte, wurde eine zweite Straße angelegt, die man Echternstraße (oder Hinternstraße) nannte. An dieser entstanden aber keine Vasallenhöfe, denn hier siedelten sich nur Handwerks-, Ackers- und Arbeitsleute an.

In den folgenden Jahrzehnten wurde die Stadt befestigt – zum Teil mit Mauern und Türmen – aber auch die Aue und viele Stadtgräben waren Teil der Befestigung. Im Ergebnis bildete sich eine befestigte Stadt mit besonderen Regeln für die Ansiedlung von „Fremden“. Die Regeln entstanden aus dem Umstand, dass sich die Siedlungsfläche nicht beliebig vergrößern ließ sondern durch die Stadtbefestigungen bestimmt war. Wir erinnern uns: Rodenberg, Grove, Mühlenstraße und Tor waren damals alle eigenständige Gemeinden.

Irgendwann, es muss vor dem Jahr 1282 gewesen sein, wurde die befestigte Stadt aufgeteilt zu weitgehend gleich großen Grundstücken.  Man begann hinter der Kapellegate mit der Nr. 1 (Lange Str. 53, heute Floristika) und allen folgenden Häuser – immer auf der linken Seite – erhielten die nächste aufsteigende Hausnummer Nummer (Konskriptionsnummerierung). Heraus kamen genau 65 Grundstücke. Gegenüber der Nr. 1 befand sich nun die Nr. 63, (Lange Str. 48, heute Bäckerei Hünerberg). Die Nr. 64 und 65 (heute Sparkasse und die Fleischerei Rauch) bildeten das (ganz) alte Rathaus.

Plan von Rodenberg, Stand 1871 mit alten Hausnummern. Bearbeitet von H. Finger. Klick für groß.

Wurde später ein Grundstück geteilt, behielt die ein Hälfte die alte Nummer, die zweite Hälfte bekam die alte Nr. mit dem Zusatz ½. So besaßen meine Vorfahren, die Böhlings das Grundstück 59 (alte Amtsstraße, frühere Pizzeria). Als das Rathaus dem Brand 1859 zum Opfer fiel, baute man es danach größer wieder auf und es wurden dazu Teile des o.a. Grundstücks von den Böhlings erworben. Das Böhling’sche Grundstück trotz fortan die Nummer 59½.

Warum wurden die Hausnummern vor dem Jahr 1282 vergeben? Am östlichen Ende der Echterstraße wurde in dem Jahr die Stadtkapelle mit dem Totenhof errichtet, gut zu erkennen auf der nebenstehenden Skizze von 1620, die Mithof für die Chronik anfertigte. Für die Kapelle wurde das Grundstück Nr. 7 verwendet. Später kaufte die Stadt auch das südlichere Grundstück Nr. 8 für den städt. Totenhof.

Als im Jahr 1629 die Kapelle abgebrannt war und nicht wieder aufgebaut wurde, war der Zuschnitt der Grundstücke Nr. 7 und 8 wie vor dem Bau der Kapelle. Beide wurden mit Wohn- und Handwerkshäusern bebaut. Nr. 7 war das Haus der Hartmanns, aus der die gleichnamige Dachdeckerei hervorging. Deren Seniorchef hat mir ein alten Bild mit der gut sichtbaren Nr. 7 zur Verfügung gestellt.

Fam. Hartmann vor dem Haus Nr. 7 , heute Echternstraße 35. Klick für groß

Anders als in Grove habe ich in der Stadt Rodenberg keine alte Nummer an den Häusern gefunden. Vielleicht habe ich sie ja übersehen. Oder ihr habt noch ein Bild mit der alten Hausnummer? Einfach melden…

Im Jahr 1939 wurden die Hausnummer, ebenso wie in Grove, die Konskriptionsnummern auf die heute geltenden Orientierungsnummern (eine Straßenseite ungerade Nummern, andere Straßenseite gerade Nummern) umgestellt.